
Als bekennender Hypochonder ist der ehemalige Late-Night-Talker Harald Schmidt Experte in vielen medizinischen Fachgebieten. Auch nächtliches Zähneknirschen und entsprechende Gegenmaßnahmen scheinen ihm nicht fremd zu sein: Er habe schon mehrere Zahnschienen zerbissen, verriet er vor einigen Jahren in seiner Show. Ob das nun ein Witz oder reale Erfahrung war, blieb für die Zuschauer offen. Tatsache ist aber: Das Mahlen mit den Zähnen während des Schlafes, in der Fachsprache als Bruxismus bezeichnet, kann fast jeden treffen.
Fachleute gehen davon aus, dass mindestens etwa zwei Drittel der Bevölkerung, möglicherweise noch mehr, nachts mit den Zähnen knirscht. Vielen ist allerdings gar nicht bewusst, dass sich ihr Kiefer im Schlaf sozusagen von selbst in Bewegung setzt, weiß der Dessauer Kieferchirurg und Implantologe Dr. Dr. Gregor Hundeshagen: „Sie sind dann überrascht, wenn ihr Zahnarzt bei der Gebiss-Inspektion die typischen Verschleißerscheinungen entdeckt.“
Bruxismus kann zum Abrieb der Zahnsubstanz führen, in schweren Fällen kommt es auch zu tiefen Riefen in den Zähnen oder gar zum Abbrechen einzelner Zähne. Oft entstehen aber auch unangenehme Nebenwirkungen. Denn das häufige Aufeinanderpressen der Zähne unter erheblichem Druck (mehr als 100 Kilogramm ist keine Seltenheit) stellt vor allem eine erhebliche Beanspruchung der Kaumuskulatur und der Kiefergelenke dar, so Dr. Dr. Hundeshagen. Schmerzen durch Überbelastung sind die Folge. Weil zudem weitere Muskelgruppen im Kopf- und Halsbereich stark angespannt werden, kann es zu Nacken- und Kopfschmerzen kommen. Auch Übelkeit, Sehstörungen und Schwindelgefühle können auftreten. Der Fachbegriff für dieses Syndrom lautet kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD).
Die Ursachen des Knirschens sind häufig nicht eindeutig auszumachen. Fehlstellungen des Gebisses sowie falsch fixierter Zahnersatz können mögliche Auslöser sein, aber auch emotionaler Stress spielt oft eine Rolle. So sind Schlafstörungen und Schnarchen, permanenter Stress und Angstgefühle zu den Risikofaktoren zu rechnen, insbesondere in der Kombination mit häufigem Kaffee-, Nikotin- und Alkoholkonsum.
In der Funktionsdiagnostik von CMD hat sich die sogenannte Axiographie bewährt, berichtet Dr. Dr. Hundeshagen. Dabei handelt es sich um eine spezielle Aufzeichnungsmethode der Kieferabdrücke in einer Art Modell, die eine genaue Analyse der Bewegungsabläufe und des Zusammenwirkens von Kiefergelenk, Muskulatur und Gebiss möglich macht.
Therapie mit Knirschschienen
Als zuverlässigste Therapie gegen die Schädigung des Zahnapparats durch Knirschen gilt das Tragen individuell angepasster Schienen aus Kunststoff, die der Zahntechniker auf Basis der durch die Axiographie gewonnenen Daten für jeden Patienten individuell anfertigt. Diese Schiene, auch Knirscherschiene genannt, besteht aus thermoplastischem Material, das sozusagen als Knautschzone zwischen oberer und unterer Zahnreihe fungiert. Sie nimmt den direkten Druck von einzelnen Zähnen und mindert Verspannungen in der Kaumuskulatur. Ihre Wirkung, der richtige Sitz und eventuelle Abnutzungserscheinungen sollten regelmäßig durch den behandelnden Arzt überprüft werden.
Die eigentlichen Ursachen des Zähneknirschens sind durch den Einsatz derartiger Schienen allerdings kaum zu beseitigen, warnt Dr. Dr. Hundeshagen: „Sie lassen sich nur durch eine penible Kontrolle des Zahnapparats auf Fehlstellungen und auf nicht fachgerecht sitzenden Zahnersatz wie Prothesen oder Brücken feststellen.“ In vielen Fällen, so die Erfahrung des Dessauer Spezialisten, helfen auch physiotherapeutische Maßnahmen zum Training der Kiefermuskulatur und des Zahnapparats. Sind latenter Stress und/oder Angstzustände als Ursachen anzusehen, empfiehlt sich eine Therapie mit speziellen Entspannungstechniken.