
Oft werden falsche Hoffnungen geweckt
Der Begriff klingt verheißungsvoll: Sofortimplantate erwecken den Anschein, einen perfekten Zahnersatz zu bieten, der sich einfach und ohne großen zeitlichen Aufwand installieren lässt. Etliche Zahnarztpraxen versprechen die angeblich unblutige Durchführung des Eingriffs, euphorische Medienberichte vergrößern den Rummel um die vermeintliche Wundertechnik. In Dutzenden Internetforen wird die neue Methode diskutiert. Vor allem Angstpatienten hoffen, so den Behandlungszeitraum auf ein Minimum reduzieren und schon bald die Praxis wieder verlassen zu können, womöglich gar mit bereits eingepasstem Zahnersatz auf fest sitzenden Implantaten – flapsig formuliert so etwas wie das Prinzip „Teeth to go“.
Derartige Vorstellungen sind freilich meist illusorisch, weil die Realität ganz anders aussieht: Der Einsatz von Sofortimplantaten ist aus medizinischer Sicht nur dann gerechtfertigt, wenn dafür perfekte Voraussetzungen gegeben sind, weiß der Düsseldorfer Kieferchirurg und Implantologe Dr. Matthias Kaupe. Bei vielen Patienten sei dies aber nicht der Fall. Weiterer Unsicherheitsfaktor: Viele Implantologen geben zu bedenken, dass noch keine ausreichenden Langzeiterfahrungen mit dieser Methode vorliegen.
Nur bei sehr guter Mundgesundheit
Unabdingbare Voraussetzung ist eine sehr gute Mundgesundheit des Patienten. Das Zahnfach (Alveole) im Kieferknochen, das Zahnwurzel und Zahn umgibt und fixiert, muss absolut entzündungsfrei sein. Oft ist der Zahnverlust aber durch Infektionen im Kiefer eingetreten; bei vielen Patienten finden sich Entzündungen an den Wurzelspitzen. In etlichen Fällen reicht auch die Substanz des Kieferknochens nicht aus, der das Implantat aufnehmen und halten soll. Dann muss erst mit teilweise erheblichem Aufwand neuer Knochen aufgebaut werden. In der Regel ist die Sofortimplantation nur als Ersatzmaßnahme für einwurzelige Zähne geeignet.
Auch die sogenannte Compliance des Patienten (dessen Bereitschaft, den Behandlungserfolg durch sein eigenes richtiges Verhalten zu unterstützen), ist ein wichtiger Faktor. Dazu gehört nicht nur eine konsequente gründliche Mundhygiene, sondern auch Verzicht auf das Rauchen. Nikotin blockiert den Einheilungsprozess (was auch bei anderen Implantationsmethoden der Fall ist).
Wer sich etwa einen Schneidezahn ausgeschlagen hat, kerngesundes Zahlfleisch besitzt, auch andernorts im Körper keine Entzündung hat, Nichtraucher ist und im Behandlungsstuhl eines erfahrenen Implantologen sitzt – der kann sich Hoffnung machen, die Lücke umgehend durch ein Sofortimplantat samt Krone schließen zu lassen. Wobei es sich bei der Krone meistens um ein Provisorium handelt, das nach einigen Wochen oder Monaten – wenn der Heilungsprozess völlig abgeschlossen ist – durch die endgültige Version ersetzt wird.
Die Sofortimplantation (Schnellimplantate)
Vor dem eigentlichen Eingriff muss durch Vermessung des Kiefers der millimetergenaue Sitz des Implantats ermittelt und die Krone angefertigt werden. In örtlicher Betäubung wird der Kiefer geöffnet und das am unteren Ende verjüngte Implantat eingeschraubt. Wichtig ist, dass der Zahnkanal unversehrt geblieben und stabil ist. Sofortiges kräftiges Zubeißen ist allerdings nicht empfehlenswert: Erst eine Einheilphase von mehreren Wochen garantiert sichere Stabilität. Die Sofortimplantation erfolgt direkt nach dem Verlust bzw. der Entfernung des Zahns oder wenige Tage danach.
Die verzögerte Sofortimplantation
Hier vergehen zwischen Zahnentfernung und Implantation in der Regel etwa zwei bis sechs Wochen. Das Weichgewebe kann somit ausheilen, das Infektionsrisiko ist gering. Auch das Knochengewebe kann sich noch nicht soweit zurückbilden, dass der stabile Halt des Implantats gefährdet wäre.
Die Standard-Implantation (Spät-Implantation)
Beim herkömmlichen Verfahren liegt der Abstand zwischen Zahnentfernung und Einbringen des Implantats bei mindestens sechs Wochen, in der Regel aber etwa bei drei Monaten (so wird die Gefahr einer Entzündung minimiert und dem behandelnden Arzt bleibt Zeit, um etwa fehlende Kiefersubstanz aufzubauen). Bei aufwändigeren Maßnahmen dieser Art im Oberkiefer ist unter Umständen auch mit neun bis zwölf Monaten zu rechnen.
Diese Methode bietet den Vorteil, in einen entzündungsfreien, ausgeheilten Knochen zu implantieren. Zudem kann die Qualität des Knochens dann endgültig beurteilt werden. Auch die Entscheidung, ob ein Knochenaufbau erforderlich ist – und wenn ja, wie dies geschehen soll – kann der Arzt dann auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse fällen.